(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/05, 24) < home RiV >

Panischer Schnellschuss:

Die Volksverhetzungs-Novelle 2005

I. Einleitung

Ein Assoziationstest zum Stichwort Volksverhetzung würde vermutlich die unterschiedlichsten Namen auf die Wandtafel befördern: David Irving natürlich (den bekanntesten Holocaustleugner), dazu gleich Rolf Hochhuth (der Irvings Leugnung geleugnet hatte), Jürgen Möllemann (wegen seines Friedmann-Flyers), APO-Mahler und Reinhard Oberlercher (die von der extrem roten zur extrem braunen Seite übergewechselt waren), Martin Hohmann (wegen dessen Tätervolk-Rede), Garry Lauck (NS-Kampfruf-Produzent, der - obwohl US-Bürger - das Pech hatte, sein Strafurteil in Hamburg zu kassieren). Kardinal Meisner (wegen einer als unzulässig geltenden Predigtpassage), Martin Walser (aus doppeltem Grunde) und viele andere dazu; und der Test würde substanziell die Verbreitung der Ansicht offenbaren, dass man ein paar prekäre Themen bei uns öffentlich besser gar nicht anschneide, oder über sie jedenfalls nur so rede wie ein Fernsehmoderator. Dass dieses Urteil vorschnell und der maßgebliche Paragraph
(§ 130 StGB: „Volksverhetzung“) doch etwas besser ist als sein Ruf, ändert nichts daran, dass er immer häufiger zweckentfremdet und dazu missbraucht wird, Diskussion durch Drohung zu ersetzen.

 

II. Die Neufassung

Durch Gesetz vom 24. März 2005[1] ist dem   § 130 StGB ein weiterer (vierter) Absatz angefügt worden, so dass er im Kerngehalt lautet:

Abs. 1: Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören

1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt - oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder

2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Abs. 2 ...

Abs. 3: Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 des Völkerstrafgesetzbuchs bezeichneten Art[2] in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

Abs. 4 (neu!): Mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

Abs. 5 und 6:

Diese Neufassung ist am 25. März 2005 in Kraft getreten.

III. Vorgeschichte

Die Umwandlung des alten Klassenkampf-Paragraphen („Anreizung zum Klassenkampf“) in eine – knappe und noch ziemlich klare - Strafnorm gegen Volksverhetzung durch Gesetz vom 04.08.1960[3] war eine Reaktion auf bestürzende Tagesaktualitäten gewesen[4]. Jahrzehnte später hatte ein glattes Missverstehen des sog. ersten Deckert-Urteils des BGH vom Frühjahr 1994[5] zur Folge, dass die Öffentlichkeit und der Gesetzgeber annahmen, eine Auschwitz-Leugnung könne nicht bestraft werden, was aber nicht zutraf: Es war nämlich längst –notabene: kurz vor dem 8. Mai 1985, dem 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation! –  § 194 StGB dahin geändert worden, dass die Leugnung solcher NS-Verbrechen[6] von Amts wegen als Beleidigung verfolgbar war[7]. Der BGH hatte das tatrichterliche Deckert-Urteil lediglich deshalb aufgehoben, weil zwar die Beleidigung, nicht aber darüber hinaus auch deren Erschwerung durch verleumderische Hetze (sog. qualifizierte Auschwitzlüge nach § 130 Abs.1) tatrichterlich festgestellt worden war. Die überschäumende Empörung im In- und Ausland aber ließ sich durch keinerlei Erklärung mehr dämpfen, sondern nur durch einen entschlossenen, wenngleich sachlich überflüssigen Bekenntnisakt des Gesetzgebers[8]. So wurde prompt – schon im Oktober 1994 – dem § 130 StGB ein neuer Absatz 3 angefügt[9]. Jetzt war die einfache Leugnung, Billigung und Verharmlosung aus doppeltem Grunde strafbar: als Beleidigung mit bis zu einem Jahr und als Volksverhetzung mit bis zum fünf Jahren. Mit einer interessanten Begrenzung: soziale Adäquanz schränkte den Tatbestand dahin ein, dass Verpöntes, soweit u.a. der staatsbürgerlichen Aufklärung oder ähnlichen Zwecken dienlich, erlaubt blieb[10].

Gut zehn Jahre später stand die Politik – standen Parteien, Parlament und Regierung, stand die deutsche Öffentlichkeit - vor der bangen Frage, wie der 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2005 mit heiler Haut zu überstehen sei. Angesichts erschreckender NPD-Flegeleien im sächsischen Landtag und der bedrängenden Aussicht, zum kritischen Datum am Fernsehschirm erleben zu müssen, wie Kolonnen stiernackiger Neonazis sich vor dem Berliner Holocaustmahnmal zusammenrotteten und grölend durch das Brandenburger Tor marschierten, schien klar zu sein, dass gegen solche Provokationen etwas geschehen müsse. Aber was? Hilfe versprach eine Änderung des Versammlungsrechts[11], die allerdings strafrechtlich flankiert werden sollte – durch erneute Verschärfungen des § 130 StGB. Zwar waren Hasspredigt, Holocaustleugnung sowie jegliche Verwendung von Nazisymbolen oder
-parolen
[12] längst verboten; aber inzwischen wusste man, dass die Neos nicht nur dumm und dumpf, sondern zugleich auch schlau und gerissen waren und aalglatt durch Gesetzeslücken zu schlüpfen verstanden; die waren also zu stopfen. Am 11. Februar 2005 stellte Justizministerin Zypries eine Gesetzesinitiative vor und ließ verlauten, dass sich der Staat bislang wegen des hohen Rangs der Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit deren Einschränkung schwer getan habe, nun aber - auch als Signal an junge Menschen - Lücken schließen müsse, u.a. durch einen neuen Absatz des § 130 StGB, demzufolge bestraft werde, „wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht oder verharmlost“[13]. Verherrlichen liege auch dann vor, wenn NS-Unrechtsverhältnisse in einem positiven Bewertungszusammenhang erschienen, oder wenn dabei positive Wertakzente gesetzt würden, und strafbare Billigung könne auch unter Vorbehalt oder konkludent erfolgen. Ging das vielleicht an die Substanz einiger Grundrechte? Darüber gab es auch innerhalb der Regierungskoalition eilige Debatten, aber schon einen Monat später passierte die Novelle - leicht abgewandelt, wie ersichtlich[14] - die abschließenden Parlamentslesungen.

IV. Fremdkörper im liberalen Rechtsstaat?

1. In der Literatur stößt man auf gewichtige Zweifel schon daran, ob sich für den (jetzt unverändert gebliebenen) Abs. 3 des § 130 StGB ein rechtlich legitimierbares Schutzgut finden lässt. Ist es die Ehre der Opfer, der öffentliche Friede, der Grundkonsens aller Demokraten, ein anständiges politisches Klima, außenpolitische Belange oder die geschichtliche Wahrheit? Für letztere zu sorgen, ist Strafrecht gewiss untauglich – aber auch von den anderen Hypothesen lässt sich jede mit triftigem Grund in Frage stellen[15]. Und was heißt billigen, vor allem auch leugnen[16] und verharmlosen – objektiv und subjektiv? Zielt die Vorschrift nur auf den Bösen, auch auf den Dummen und den, der leichtfertig oder naiv nachplappert? Was gilt für Überzeugungstäter? Ein teilweises Leugnen erfülle den Begriff des Verharmlosens, entschied der BGH am 22.12.2004[17], wenn der Täter die geschichtlichen Tatsachen in ihrem wahren Gewicht verschleiere, gegenüber dem geschichtlich anerkannten Umfang des Massenmords die Opferzahlen herunterrechne, die geschichtlich feststehende – d.h. kraft bisheriger als gesichert geltender Erkenntnisse - Größenordnung nicht nur im Randbereich in Frage stelle. Das leuchtet nur auf den ersten Blick ein, denn hier kann nichts anderes gelten als sonst in der Wissenschaft: die Grenzen der Erkenntnis liegen nie fest, auch nicht bezüglich der Opferzahlen in Auschwitz[18], die im Laufe der Zeit ganz offiziell von etwa vier Million auf eine Million korrigiert worden sind, und die tatsächlich vielleicht darüber, vielleicht aber auch darunter gelegen haben[19]. Wer kann hier verbindlich einen Randbereich bestimmen, wer die Grenzen des Gesicherten abstecken?

Der Tatbestand des § 130 III StGB wirft solche und viele weitere Fragen auf, denen hier aber nicht nachgegangen werden kann.

Das umgreifende Problem, ob die Volksverhetzung vor der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit bestehen kann, lässt zwar auch deren Abs. 1 und 2 nicht unberührt, ist freilich dort durch eine Auslegung, die im Zweifel das freie Wort ungekränkt lässt, wohl noch lösbar[20]. Den Absatz 3 aber trifft die Problematik mit voller Wucht: Die Meinungsfreiheit besitzt den hohen Rang, den ihr das BVerfG im Lüth-Urteil vom 15.01.1958 bescheinigt hatte[21] – mit geradezu beschwörenden Worten![22] - heute nicht weniger als damals.

Das BVerfG hat bislang noch keine Gelegenheit genommen, § 130 III StGB verfassungsrechtlich zu prüfen[23]: bemerkenswert angesichts der inzwischen erhobenen und sich aufdrängenden Bedenken.

2.

Was die jüngste Novelle anlangt, so ist es ist müßig zu prüfen, ob auch der Absatz 4 bei äußerst restriktiver Auslegung seines Wortlauts als noch verfassungskonform zu retten wäre. Die Justizministerin selbst nämlich hat den Willen des Gesetzgebers mit ihren oben zitierten und anderen Auslegungshinweisen zu Protokoll gegeben, die fast beliebige Reisen ins Blaue zu gestatten versprechen, ja: geradezu empfehlen. Ebenso fruchtlos wäre es, sich auch hier erneut um die Definition herkömmlicher Schutzgüter zu mühen.

Die parlamentarischen Spatzen pfeifen es vom Reichstag, dass es die panische Angst vor Bildern und Berichten - besonders vom 8. Mai 2005 in Berlin (widerwärtig, unerträglich, schädlich, schändlich, gemein ...!) - und einer weltweiten Entrüstung war[24], der die Blitzaktion zu verdanken ist. Kann der Gesetzgeber die Bilderflut unserer Mediengesellschaft steuern? – offenbar unmöglich! Kann er deren Substanz prüfen? Schwerlich[25]. Lassen sich von Rechts wegen schändliche, unerträgliche Meinungsäußerungen verbieten?

Das BVerfG hat das kürzlich[26] unter Hinweis auf Art. 5 I 1 GG (Meinungsfreiheit) mit großer Entschiedenheit verneint: auch wer Hitlers Schuld am Ausbruch des zweiten Weltkriegs publizistisch bestreite, stehe unter diesem Verfassungs-Schutz[27]. Das ist das kraftvolle alte Pathos des Lüth-Urteils, nicht der bleiche, politisch korrekte Zungenschlag des Zeitgeists, dem für das Wagnis einer freiheitlich-offenen – und deshalb auch riskanten – Ordnung jedes Verständnis fehlt[28].

V. Ausblick

Das deutsche Auschwitz-Tabu ist durch die Schoa zutiefst begründet und legitimiert[29].    § 130 III StGB freilich gehört zu den fragwürdigen Konsequenzen, die hier gezogen worden sind. Und seine Weiterübertragung auf nahezu beliebige andere Gegenstände - Trabanten-Tabus (Isensee) -, die mit der NS-Zeit in mehr oder minder suggestiv-manipulative Verbindung gebracht werden, vergiftet das politische und geistige Klima. Der neue Abs. 4 ist eine fragwürdige Überdehnung dieser Art, und sein Grundmangel kann auch durch restriktive Auslegung (die dem Willen des Gesetzgebers ohnehin widersprechen würde) schwerlich geheilt werden. Brugger charakterisiert den (alten)
§ 130 III StGB zutreffend als deutsches Sonderfall-Gesetz
[30], dessen exorbitant-einmalige Veranlassung (eben: Auschwitz) allein es gestatten könnte, hier Verfassungsrecht aus­nahmsweise beiseite zu schieben. Wenn man dem zustimmt, muss man zugleich bedenken, dass jedenfalls heute, über sechzig Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft, die Zeit heranreift, diesen Sonderweg behutsam zu verlassen. Nur dies und nicht eine – fast grenzenlose! – neue Ausweitung der Norm kann ernsthaft zur Debatte stehen. Der Versuch aber – ganz im Gegenteil -, sogar andere europäische oder außereuropäische Länder für die bei uns entwickelten Spezialvorstellungen in die Pflicht zu nehmen und z.B. weltweit das Hakenkreuz ächten zu lassen[31], mutet gespenstisch an.

 

Wird der Gesetzgeber die Kraft zum Umsteuern aufbringen? Oder ganz im Gegenteil dem § 130 StGB über kurz oder lang eine weitere Etage draufflicken, je nach aktuellen Tagesbedürfnissen, wie es schon Tradition ist und den Beifall der Medien verspricht? Dann wäre allenfalls das BVerfG noch eine letzte Hoffnung.

 

Nachbemerkung:

Dies ist ein leicht veränderter, geringfügig erweiterter Aufsatz, der in der NJW im Heft 21 d.J. (NJW 2005, 1476) zu finden ist. Der Redaktionsschluss dafür war bereits im April gewesen; hier – für die MHR 2/2005 – lag er erst Ende Mai, also nach dem großen Gedenken an die deutsche Kapitulation vor sechzig Jahren. Man weiß nun also (was man im April noch nicht wissen konnte), welcher Art rechtsradikaler Umzüge, Provokationen oder Tumulte am 8./9. Mai 2005 in Berlin stattgefunden haben - Vorgänge, auf die der Gesetzgeber wie hypnotisiert gestarrt und auch seine Pönalisierung gemünzt hatte. Es gab, so der Befund, dort weit und breit nichts dergleichen. Die – wie im Beitrag entwickelt und begründet: höchst dubiose, purer Tageshysterie geschuldete - Legalitätsreserve, die der Gesetzgeber sich übernacht selbst bewilligt hatte, liegt mithin ungenutzt auf Halde. Für die kritische Argumentation spielt das an sich keine Rolle: die Novelle wäre durch ihre Nutzanwendung auch nicht besser geworden. Indessen hat der Ablauf des Geschehenen im Mai die Leichtfertigkeit, Beliebigkeit und Fahrigkeit ganz augenfällig gemacht, mit der das Parlament sein selbst gewähltes Frühjahrespensum 2005 hier absolviert hat.

 

Günter Bertram


 

[1] BGBl. 2005 I S. 969 (Nr. 20 v. 31.03.05). Art. 1 bringt eine Verschärfung des § 15 VersG (betr. Holocaustmahnmal u.a.), Art. 2 die Änderung des § 130 StGB

[2] Bis zum G. vom 26.06.2002 lautete die Bezugnahme auf den inhaltsgleichen Völkermordparagraphen § 220 a StGB; vgl. dazu Tröndle/Fischer StGB, 52. Aufl.,Anh. 2

[3] Ihr Inhalt entsprach im Wesentlichen dem geltenden (zu II. zitierten) Abs. 1.

[4] den Hamburger Fall Nieland (vgl. dazu BGH, NJW 1959, 1593), auf Vandalismus und Schmierereien, die freilich zum Teil gesteuerte Provokationen gewesen sein dürften (lit. Nachweise bei Bertram, NJW 1999, 3544)

[5] Urteil vom 15.03.1994, NJW 1994, 1421: Der angeklagte NPD-Funktionär D. hatte in öffentlicher Versammlung bei einem Vortrag des amerikanischen Holocaust-Leugners Fred Leuchter erkennbar beifällig als Dolmetscher fungiert.

[6] Der Begriff „Auschwitz-Lüge“ ist von Leuten erfunden worden, die den Massenmord bestritten (leugneten) und ihn provozierend als Lüge bezeichneten. Für das strafrechtlich Gemeinte ist er also höchst unpassend, hat sich aber dennoch eingebürgert.

[7] Der VI. Zivilsenat des BGH hatte am 18.09.1979 (NJW 1980, 45) entschieden, dass in der Leugnung der NS-Judenmorde eine Beleidigung deutscher Juden liege - ein diskussionsbedürftige These, der die Rechtsprechung aber ohne Weiteres und einhellig gefolgt war.

[8] näher dazu Bertram: MHR 2/1994, S. 8 ff: Der BGH und die Auschwitzlüge; ders., NJW 1994, 2002: Entrüstungsstürme im Medienzeitalter

[9] Verbrechensbekämpfungsgesetz v. 28.10.1994; bei dieser Gelegenheit wurde auch Abs. 2 eingefügt, der durch Schriften u.a. begangene Volksverhetzung unter Strafe stellt.

[10] Das ergibt die Verweisungstechnik des § 130 Abs. 6 auf § 86 Abs., 3 StGB. Über die Beliebigkeit der danach möglichen positiven oder negativen Zuschreibungen vgl. Bertram in MHR 3/2001, S. 20: Grenzenlose Volksverhetzung - Lea Roshs Debattenbeitrag; ders. dazu auch in NJW 2002, 111.

[11] dazu Poscher: Verfassungsrechtliche Grenzen der Entpolitisierung des Versammlungsrechts in NJW 2005, 1316 (Heft 19).

[12]  vgl. §§ 86 (1) 4, 86 a StGB

[13] vgl. Zypries: Strafrecht im Kampf gegen Rechtsextremismus verschärfen, BMJ-Newsletter, 11.02.2005:

[14] Die Pressemitteilung des BMJ vom 11.03.05 gleicht in ihren Auslegungshinweisen denen vom 11.02.05 fast wie ein Ei dem anderen - trotz kleiner Textveränderungen im Entwurf selbst.

[15]  vgl. z.B. Thomas Wandres: Die Strafbarkeit des Auschwitz-Leugnens, Diss. 2000, S. 269 f, 276-303, 304 ff und passim: zur Zeit wohl die gründlichste Untersuchung des Themas; Beisel: Die Strafbarkeit der Auschwitz-Lüge, NJW 1995, 997 (1100 f); Huster: Das Verbot der “Auschwitzlüge“. Die Meinungsfreiheit und das BVerfG, NJW 1996, 487; Iris Junge: Das Schutzgut des § 130 StGB, Diss. 2000, S. 102 ff (124, 153 f.); Joachim Jahn: Strafrechtliche Mittel gegen Rechtsextremismus, Diss. 1998, 166 ff. (204-208); Winfried Brugger: Verbot oder Schutz von Hassreden?, AöR  2003, 372 ff., zu § 130 III StGB insb. 402—409); Lackner, StGB, 21. Aufl., insb. Rz. 8a zu § 130; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., insb. Rz.23 –25 zu § 130; Lenkner in Schönke-Schröder, StGB, 26. Aufl., § 130 Rz. 1 a, 16-21; früher schon Köhler, NJW 1985, 2389: Zur Frage der Strafbarkeit des Leugnens von Völkermordtaten zu außenpolitischen Rücksichten vgl. Brugger aaO. (AöR 2003) Fn. 22 mit Nachw.; zum „Klimaschutz“ als (vermeintlich legitimen) Rechtsgut vgl. Bubnoff in LK (1996) Rz. 43 zu § 130 StGB mit Nachw.; zweifelnd auch Poscher NJW 2005, 1316, Ziffer IV mit Fn.15)

[16] Wandres aaO. (Anm.13), S. 71-79 skizziert die Geschichte dieser Leugnungen, die ihren Ursprung im Ausland nahmen (Rassinier, Faurisson, Christophersen u.a.) und dann im Inland aufgegriffen wurden. Auschwitz ist nicht nur der Name des historischen Vernichtungslagers, sondern darüber hinaus schlechthin ein Symbolbegriff für den NS-Völkermord (an den Juden, zuweilen auch noch darüber hinaus). Das ermöglicht dann freilich auch doppelsinniges Lügen, Leugnen und Bezweifeln.

[17] NJW 2005, 689

[18] vgl. Beisel aaO. (Anm. 13), Fn. 39); ausführlich Wandres aaO. (Anm.13) S.43-46.

[19] Der Spiegel-Redakteur Fritjof Meyer kommt in der Zeitschrift Osteuropa 5/2002, 631-641 (Die Zahl der Opfer von Auschwitz – Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde -) auf ½ Mio Opfer in diesem Vernichtungslager: „Damit rückt die Dimension des Zivilisationsbruchs endlich in den Bereich des Vorstellbaren und wird so erst zum überzeugenden Menetekel für die Nachgeborenen“.

[20] Insoweit betrifft das Gesetz seiner Idee nach Pogromhetze (2.Zi.1) und krasse Polemik (2.Zi.2), was bei uns als natürlicherweise strafwürdig gilt. Wer aber den Rang freier, ungehemmter, auch krass-polemischer Rede so hoch schätzt wie die USA, kommt zu anderen Resultaten (dazu instruktiv und materialreich: Winfried Brugger, Schutz oder Verbot aggressiver Rede? in: Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 52 (2004), S. 513 ff; ders. Verbot oder Schutz von Hassrede? Rechtsvergleichende Beobachtungen zum deutschen und amerikanischen Recht in: AöR 128, Bd. (2003) 372 ff (Holocaust-Lügen: 396 ff.); ders,. Gewährleistung von Freiheit und Sicherheit im Lichte unterschiedlicher Staats- und Verfassungsverständnisse in: VVDStRL 63 (2004), S. 101ff. (Volksverhetzung 133 ff.).

[21] NJW 1958, 2576

[22] „..unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist. Es ist in gewissem Sinne die Grundlage der Freiheit überhaupt“ (Lüth-Urteil NJW 1958, 258 lk.). Dazu RiBVerfG Grimm, Die Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1995, 1697.

[23] Im April 1994 (NJW 1994,1779) hatte der 1. Senat über § 130 III StGB gerade nicht entschieden, obwohl seine damalige Presseerklärung eine gegenteilige Vermutung nahe legte, vielleicht nahe legen sollte; dazu Bertram, NJW 1994, 2002 (2003).

[24] Wie schnell und ungehemmt eine Weltempörung losbricht, hat exemplarisch der Fall Jenninger gezeigt, dazu Bertram MHR 4/2003, S. 36 ff (S. 41 mit Anm. 20 f.).

[25] Dass auch einer bundeseinheitlichen, eindrucksvollen Medienkampagne schlechthin jeder sachliche Kern fehlen kann, hat der Fall Sebnitz eindrucksvoll bewiesen; vgl. dazu Ingo von Münch: Aufstand der Anständigen, NJW 2001, 728 (731 re.); über die grundsätzliche Zweifelhaftigkeit massenmedialer Mitteilungen vgl. Wolf Schneider u.a.: Unsere tägliche Desinformation, STERN-Buch, 5. Aufl., Hamburg 1992: passim.

[26] 1 BvR 434/87 vom 11.01.1994 (NJW 1994, 1781): „Das gilt unabhängig davon, ob sie im Spektrum gängiger Lehrmeinungen oder weit außerhalb davon liegen, ob sie gut begründet erscheinen oder ob es sich – wie hier bei der zentralen Frage des Buches nach der Kriegsschuld – um anfechtbare Darstellungen handelt“.

[27] Dass der Verfassungsschutz gelegentlich ganz andere Auffassungen exekutiert, steht auf einem Blatt für sich, dazu z.B. Bertram in MHR 4/2004, S. 36 ff. (42 ff.); ders., NJW 2004, 344: Hoheitliche Tugendwächter:

[28] was vielfachen Ausdruck findet. Dazu instruktiv: Leggewie/Meier (Hrsg.): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben?, 2002, passim.

[29] vgl. Josef Isensee, Tabu im freiheitlichen Staat, 2003, S. 73 ff.

[30] vgl. Brugger, AöR 2003 aaO., S.403 mit Nachw.

[31] vgl. FAZ vom 25.02.05: Kein Verbot extremistischer Symbole – Europäische Justizminister können sich nicht einigen; sowie: Hammer, Sichel, Hakenkreuz: Balten gegen kommunistische Symbole; FAZ v. 28.02.05: Mit Haken – Das europaweite Verbot der Swastika ist gescheitert.